Beschwerdemanagement im E-Commerce

Nachdem wir von einer Studie zu den Erwartungen der Verbraucher nach dem Kauf berichtet haben, möchten wir einige Empfehlungen zum Beschwerdemanagement im Onlinehandel anschließen. Da es sich beim E-Commerce ja um Distanzhandel dreht, gibt es hier einige Besonderheiten zu beachten.

Leichter Zugang zum Kundenservice

Ja, Kundenservice bedeutet Aufwand und kostet das Unternehmen Geld. Da aber, aufgrund der hohen Vergleichbarkeit im Internet, immer mehr über den Service und die positiven After-Sales Erfahrungen verkauft wird, sollten sie den Kundenservice gegenüber den Kunden betonen.

Geben sie an prominenter Stelle Kommunikationsdaten bekannt. Verstecken Sie nicht Ihre Telefonnummer oder E-Mail-Adressen. Am besten verwenden Sie eine kostenfreie Servicenummer, um die Kunden nicht von einer Kontaktaufnahme abzuschrecken. Je nach Größe des Unternehmens können sie auch unterschiedliche Ansprechpartner angeben. Bei einem Fashion Versender könnten das z.B. Mitarbeiter für die Bereiche Damenoberbekleidung, Unterwäsche, Herrenmode und Kinder sein. Hier gilt: Je erklärungsbedürftiger die angebotene Ware ist, umso mehr Fachwissen muss auch das Personal haben, um interessierte Kunden bei Rückfragen beraten zu können.

“Kommunizieren Sie diese Kontaktmöglichkeiten regelmäßig. Auch wenn sich ein Kunde im Moment nicht beschweren möchte, soll er wissen, dass das ohne großen Aufwand möglich wäre und sich Ihr Unternehmen um seine Belange kümmert.” (Quelle: https://www.lexware.de/artikel/beschwerdemanagement-mit-reklamationen-richtig-umgehen/)

Sie können auch einen Schritt weitergehen und Kunden zur Beschwerde anregen. Nach dem Motto: “Wenn sie zufrieden sind, sagen sie es weiter. Wenn nicht, sagen sie es uns hier… (Angabe der Kontaktmöglichkeit)”. Das suggeriert, dass sie Probleme schnell beheben und nimmt den Kunden die Angst sich bei ihnen zu melden. Jeder Kunde, der sich bei ihnen meldet, ist besserer als ein stiller unzufriedener. Diverse Studien zeigen, dass zufrieden gestellte Beschwerdefälle oft langfristige Stammkunden werden, weil sie die positive Erfahrung im Hinterkopf haben, dass ihnen hier geholfen wurde.

Auch im Internet gilt die alte Formel:

  • Der Unzufriedene teile seine Erfahrung 10 bis 33 potentiellen Neukunden mit.
  • Der Zufriedene teilt seine Erfahrung 3 potentiellen Neukunden mit.

Stringente Kundenkommunikation

Beachten Sie die Grundregel: Seien Sie transparent, ehrlich und offen. Geben Sie keine Zusagen, die Sie nicht einhalten können. Informieren Sie den Kunden über Statusänderungen.

Hier einige ganz einfache Regeln:

  • Legen sie Zuständigkeiten für die Bearbeitung von Beschwerden fest.
  • Definieren Sie interne Abläufe, wer was wie im Beschwerdefall bearbeitet.
  • Schaffen Sie eine technische und Ablauf-Struktur, die intern nachvollziehbar und transparent ist, damit jeder Mitarbeiter den Ablauf jederzeit nachvollziehen kann – für den Fall, dass es zu einem Krankheitsfall kommt oder andere Gründe dazu führen, dass der eigentlich zuständige Mitarbeiter einen Fall nicht bearbeiten kann und ein anderer übernehmen muss.
  • Bestätigten Sie dem Kunden den Eingang seiner Beschwerde auf dem Weg, den er gewählt hat. Also per E-Mail, Post, Telefon, etc.
  • Geben Sie in der Antwort einen Zeitpunkt an, bis zu dem der Kunde eine Antwort erhält. Ist bis dann das Problem nicht gelöst, sollte er über den Zwischenstand unterrichtet werden.
  • Wie bei einem Warenkauf fragen Sie nach Abschluss der Beschwerde nach der Zufriedenheit des Kunden.

Kennzahlen, um die Servicequalität zu messen

Für die Verbesserung Ihres Service und die Optimierung Ihrer Abläufe sollten Sie auch Kennzahlen definieren und das Aufkommen der Beschwerden messen, bzw. einordnen.

Als mögliche Werte bieten sich an:

  • Beschwerdequote = Anzahl Beschwerden / Anzahl Käufe * 100
  • Erfolgsquote = Anteil zufriedengestellter Kunden / Gesamtzahl Beschwerden * 100
  • Bearbeitungsdauer = Dauer des Bearbeitungsprozesses in Stunden / Tagen

Hier können Ihnen einschlägige CRM Systeme oder Ticketing Software helfen, die entsprechende Statistiken bereitstellen.

Natürlich gibt es immer einen gewissen Anteil “nörgelnder” Kunden, um den man nicht herumkommt. Doch geben die Beschwerden und Reklamationen auch einen Aufschluss über mögliche Probleme beim Warensortiment oder verbesserungsfähige Abläufe.

In der internen Kommunikation sollten Sie beachten eine positive Fehlerkultur zu prägen. Heißt: Ihre Mitarbeiter sollten keine Angst vor dem Eingestehen oder der Aufdeckung von Fehlern haben. Sondern vielmehr sollte ein Geist der permanenten Optimierung herrschen.

5 Gründe für Beschwerden

Eine Kategorisierung der Beschwerden erleichtert den Ansatz für mögliche Änderungen. 5 Gründe für Reklamationen:

  1. Fehlleistungen des Produzenten der Ware
    Reklamieren Sie defekte Ware auch beim Hersteller, Ihrem Lieferanten. Senden Sie diese ggf. dorthin zurück. Falls erforderlich, ist es besser einen Artikel auszulisten, mit dem Sie viel Ärger haben. Die Bearbeitung von Reklamationen verursacht in der Regel mehr Kosten als der Verkauf einiger Stück davon.
  2. Fehlverhalten des Lieferanten / Zustellers
    Wird Ware bei der Lieferung beschädigt ist vielleicht eine Neu- / Umverpackung erforderlich. Wenn Sie Ware in großen Mengen per Spedition erhalten, dann bedenken Sie, dass diese so nicht an den Endverbraucher gesendet werden kann. Prüfen Sie den Einsatz der von Ihnen genutzten Verpackungsmaterialien auf ihre Tauglichkeit. Lebensmittel und andere verderbliche Güter lassen sich z.B. nicht auf dem normalen Standardversandweg versenden und sind temperaturabhängig.
  3. Fehlverhalten des Kunden (Bedienungsanleitungen, …)
    Hier können Sie aktiv das Kundenverhalten beeinflussen: Stellen Sie im Webshop bereits Bedienungsanleitungen per PDF bereit. Verwenden Sie aussagekräftige Bilder. Nutzen Sie How-to-Videos, die den Aufbau und Gebrauch der Artikel zeigen.
  4. Ent-Täuschung
    Wecken Sie in der Produktbeschreibung und der Artikelbezeichnung keine Erwartungen, die Sie nicht halten können, bzw. die schlicht falsch sind. Geben Sie nur richtige Artikelbeschreibungen an.
  5. Krankhafte Unzufriedenheit des Kunden
    In der Presse wird das Sperren von Kundenkonten, wie es z.B. Amazon nach überdurchschnittlich vielen Retouren macht, als sehr negativ dargestellt. Tatsache ist aber, dass Sie als Händler immer noch selber entscheiden sollten, wen Aie beliefern und wen nicht. Legen Sie als unternehmensintern fest, ob es eine “Schmerzgrenze” gibt, die ein Kunde nicht überschreiten sollte.

Bildnachweis:
Service  ©geralt (pixabay)

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Anne Pehlke

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