Multi-, Cross-, Omni-, No-Line Commerce: Wohin geht die Reise?
Im täglichen Buzzword Bingo der Kategorien und Klassifizierungen des digitalen und elektronischen Handels wird es immer schwieriger den Überblick der tatsächlichen Megatrends zu behalten. Wir wollen Licht ins Dunkel bringen und die Unterschiede der Bezeichnungen herausarbeiten sowie die allgemeine Entwicklung im E-Commerce aufzeigen.
Verschiebung der Online-Vertriebswege
Die ständige Bewegung und Verschiebung der Marktanteile einzelner Vertriebswege zeigen auch jüngste Zahlen des IFH.
Nach aktuellen Hochrechnungen des IFH Köln steuert der Online-Handel 2014 auf ein neues Rekordhoch zu: Das Marktvolumen wird voraussichtlich knapp 43 Milliarden Euro erreichen. Wenig überraschend: Die Internet-Pure-Player können ihren Anteil am Gesamtmarktvolumen erneut ausbauen und entwickeln sich mit knapp 16 Milliarden Euro Umsatz weiterhin zur dominierenden Vertriebsform. Doch die Ergebnisse des neuen „IFH-Branchenreport Online-Handel“ zeigen: Auch die stationären Händler mit ihren Online-Shops behaupten ihre Position im E-Commerce und können die zwischenzeitlichen Anteilsverluste teilweise wieder aufholen. Im Jahr 2014 werden über diesen Vertriebsweg rund 13 Milliarden Euro umgesetzt – das entspricht einem Plus von 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Obwohl hart umkämpft, liefert der Sortimentsbereich Consumer Electronics (CE) und Elektro dem „Stationären Handel Online“ seit 2011 kontinuierlich wachsende Umsatzanteile.
„Produkte im Bereich CE und Elektro haben eine hohe Affinität zum Online-Vertrieb. Ein Wettbewerbsplus der ursprünglich stationären Händler im E-Commerce ist der Vertrauensvorschuss der Konsumenten und die Bekanntheit der Händlermarke“, erklärt Hansjürgen Heinick, Autor der Studie und Senior Consultant am IFH Köln.
Auch wenn aktuell die stationären Händler wieder an Boden gewinnen können, ist eine schrittweise Entwicklung im digitalen und elektronischen Handel zu beobachten, die im Folgenden skizziert werden soll.
Cross-Channel Evolution
Die Schweizer E-Commerce Experten von Carpathia veranschaulichen in einer Infografik sehr schön die Entwicklung der Handelskanäle und erleichtern somit die Differenzierung der Begrifflichkeiten:
Multi-Channel
- Vertrieb der Produkte über verschiedene Marketingkanäle
- stark autarke Behandlung der einzelnen Kanäle
- Interaktion der einzelnen Kanäle findet nicht statt
Cross-Channel
- parallele Bedienung mehrerer Kanäle
- beginnender Brückenschlag zwischen den Kanälen
- Wechsel der Käufer zwischen Vertriebskanälen ist möglich
- der Handel muss die Herausforderung einheitlicher Daten bewältigen
- technisch und organisatorisch liegt meistens im Unternehmen noch eine Trennung vor
Omni-Channel
- Omni = gleichzeitige Nutzung aller zur Verfügung stehenden Kanäle, die zum Kaufabschluss an einem beliebigen Point of Sale führt, egal ob offline, online, mobil oder am Desktop
- der Händler steuert die Verkaufsprozesse und Vertriebskanäle zentral von einem EDV System und verwendet so konsistente, einheitliche Media- und Content-Daten.
No-Line-Commerce
- die Grenzen der einzelnen Einkaufswelten und Vertriebskanäle werden vom Kunden als solche nicht mehr wahrgenommen
- Basis für diese Umsetzung sind die neuen Mobile und Smart Devices, die der Kunde als nahtloses Bindeglied nutzen kann
Die Megatrends der Zukunft
Abschließend seien noch einige Megatrends genannt, die zweifellos aktuelle Entwicklungen beeinflussen und vorantreiben.
- Die starke Nutzung von Mobile Devices durch die Verbraucher zwingt die Händler Cross-Channel Kompetenz aufzubauen. Wer dies nicht tut, verliert bald 30-50% seines möglichen Umsatzes (aktuelle Werte von mobilem Traffic den viele Webseiten verzeichnen).
- Die mobile Revolution wird auch den urbanen Raum, sprich die Innenstädte, stark verändern.
- Händler haben es zunehmend mit aufgeklärten Kunden zu tun. Dies gilt nicht nur bezüglich der verkauften Produkte, sondern auch hinsichtlich technischer Machbarkeit, die die Kunden auch vom Handel erwarten.
- Logistik kann zum entscheidenden Merkmal werden. Wobei es weniger um das oft genannte Same-Day-Delivery geht, sondern vielmehr um flexible Zustellung, die exakt terminiert und vom Kunden ausgewählt und definiert werden kann. Die Paketzustellung wird individualisiert.
- Handelsunternehmen müssen ihre markenspezifischen Alleinstellungsmerkmale in jedem Kanal überzeugend umsetzen, um im Cross-Channel-Commerce erfolgreich zu sein.
- Nachhaltig erfolgreiche Cross-Channel-Konzepte erfordern ein ganzheitliches Management von Pre-Sales-, Sales- und After-Sales-Prozessen.
- Es gibt keine Blaupause für Cross-Channel-Commerce – Hersteller und Händler benötigen für Reaktionen auf disruptive Ereignisse flexible branchen- und produktspezifische Konzepte.
Mit Material von: http://www.digitalewelt.org/content/12-thesen-zur-zukunft-von-cross-channel-commerce
Ein Thesenpapier des Branchenverbandes BITKOM können Sie hier als *.PDF Datei abrufen: http://www.bitkom.org/files/documents/Cross-Channel-Commerce_12_Thesen.pdf
Buchtipp zum No-Line Commerce
Wer sich noch tiefer mit dem No-Line-Commerce beschäftigen möchte, dem sei ein Buch von Prof. Dr. Gerrit Heinemann Professor für Betriebswirtschaftslehre, Management und Handel und Leiter des eWeb-Research-Centers an der Hochschule Niederrhein, empfohlen: “No-Line-Handel – Höchste Evolutionsstufe im Multi-Channeling”.
In der Einleitung heißt es:
„Zukünftig wird es immer seltener möglich, im Handel von den reinen Online- und
Offline-Welten zu sprechen. Beides verschmilzt zu „No-Line“-Systemen, in denen die
Betriebsformen ineinander übergehen. […] Das haben auch die „Dinosaurier“ unter den Betriebsformen begriffen, zumindest in den USA, wo Nordstrom, JC Penney und jetzt auch Sears als ehemalige Warenhausbetreiber zu integrierten „No-Line“-Händlern mutieren und dabei eine Renaissance erleben. Da nun mal im stationären Handel die meisten Kunden sind, sehen insbesondere die „Pure-Online“-Händler, die nur über einen Internet-Kanal verfügen, diesen Trend durchaus als besorgniserregend. Deswegen ist auch zu erwarten, dass viele der reinen Online-Händler über kurz oder lang zusätzlich offline gehen und den Trend zum integrierten „Multi-Channel-System“ zusätzlich befeuern werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei zweifelsohne der „Mobile-Commerce der neuen Generation“, da damit der simultane Kauf auf allen Kanälen am konsequentesten möglich wird, und zwar mit dem Smartphone im Laden.“
Sie benötigen Unterstützung in der Ausarbeitung einer für Sie geeigneten Vertriebsstrategie? Kontaktieren Sie uns und vereinbaren Sie ganz unverbindlich einen Termin zu einem kostenlosen 60-minütigen Erstgespräch mit einem unserer Experten im Bereich Omnichannel-Beratung. Gerne helfen wir Ihnen in allen Belangen weiter und beantworten Ihre Fragen. Stehen Sie noch am Anfang Ihres Projekts oder soll eine Strategie neu entwickelt werden, führen wir eine Marktanalyse durch, um Ihre Potenziale zu erkennen. Im Anschluss daran erstellen wir einen individuellen Maßnahmenkatalog mit wertvollen Tipps und Anleitungen zur Umsetzung. In einem Workshop besprechen wir die Maßnahmen und zeigen Ihnen und Ihrem Team, welche Aspekte besonders wichtig sind und erarbeiten gemeinsam mit Ihnen eine Strategie.